01.06.-03.06.2018 – Rock am Ring, Nürburgring
Bereits zum 32. Mal findet in diesem Jahr das Kultfestival Rock am Ring statt. Zum zweiten Mal seit 2017 wieder am Ursprungsort Nürburgring. Nach den Unwettereignissen in den vergangenen Jahren und der Unterbrechung wegen Terrorgefahr im vergangenen Jahr stand der Kartenvorverkauf zunächst unter keinem besonders guten Stern. Runde 70.000 Tickets wurden im Vorfeld dennoch abgesetzt. Eines vorweg: Das gewohnte Ring-Erlebnis blieb ihnen zumindest wetterbedingt direkt am ersten Tag nicht verwehrt.
Viele Festivalbesucher hatten schon vor dem eigentlichen Beginn mit den komplizierten Wetterverhältnissen zu kämpfen. Campingplätze standen schon am Donnerstagabend zum Teil unter Wasser und Zelte gingen unter. Doch der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Das muss dieses spezielle Ring-Flair sein. Es kann die Welt untergehen und trotzdem ist alles im grünen Bereich.
Etwas verschlafen standen schon lange vor Öffnung der Tore die ersten Festivalverrückten vor der Einlasskontrolle und erwarteten den Startschuss zum Sturm auf die erste Welle vor der Volcano-Stage, auf der im Verlauf des Tages unter anderem Milky Chance, Casper und natürlich einer der Headliner des Tages in Person von Thirty Seconds To Mars stehen sollten.
Los ging es allerdings schon früher: Mit Walking on Cars. Etwas weniger energiegeladen, ein wenig ruhigere Töne. Aber auch das gehört dazu und wusste zu gefallen. Inzwischen hatten sich schon einige Besucher vor den Bühnen eingefunden – sie hatten alles richtig gemacht, denn mit ihren Hits wie Speeding Cars heizten die Iren ihnen schon mal ordentlich ein für das was da noch kommen sollte.
Und da gab es direkt im Anschluss auch schon den nächsten Hochkaräter. Mit Jimmy Eat World und Songs wie Bleed American – welches die vier Rocker aus Arizona direkt als Opener spielten – oder auch Pain oder natürlich The Middle ging es ein bisschen weniger ruhig weiter. Ein rundum gelungener und runder Auftritt von inzwischen schon echten Bühnenprofis.
Bühnenwechsel. Es ging für uns zur Crater-Stage. Dort stand nun eine echte Rocklegende auf dem Programm. Jonathan Davis – besser bekannt als der Frontmann der Metalband Korn – mit seinem Soloprojekt. Zehn Jahre lang schrieb und schraubte er an seinem ersten und aktuellen Soloalbum. Nun also der erste Soloauftritt mit neuem Programm auf deutschem Festivalboden. Hat sich die lange Entwicklungszeit gelohnt? Definitiv! Mit markanter Stimme, lauten Gitarren und energiegeladenem Auftritt war von Anfang an klar: Hier steht ein alter Hase vor der Menge, der musikalisch einiges auf dem Kasten hat und sich auch nicht scheut das auch zu zeigen. Das erste Mal, dass wir so richtig Action an diesem Tag im Publikum gesehen haben. Es schien der Funke von der Bühne übergesprungen zu sein. Nächstes Mal gerne ein größerer Slot!
Nächster Act. Wir blieben an der Crater-Stage: Hollywood Undead standen auf dem Plan. Die Kalifornier, die auf guten Weg sind mit ihrem etwas elektrolastigeren Stil in große Nu-Metal-Fußstapfen zu treten. Schon auf ihrer Tour im Frühjahr bewiesen sie, dass sie sehr viel Spaß auf der Bühne haben können und dass diese gute Stimmung ruckzuck auf das Publikum überspringen kann. So auch an diesem Tag auf der Crater-Stage. Vom ersten Song an war Bewegung in der Menge und die beinahe schon traditionell anfangs noch maskierten Künstler auf der Bühne hatten sichtlich Spaß an der Gelegenheit am Ring auftreten zu dürfen. Etwas schade allerdings, dass sie dem von der Tour bekannten Schema folgten. Sowohl Setlist als auch Aktionen wie das Einbinden des Publikums waren etwas vorhersehbar.
Mit großen Schritten ging es nun auf das HIghlight des Tages zu: Dem Auftritt von Jared Leto mit seiner Band Thirty Seconds To Mars. Der Platz vor der Volcano-Stage war inzwischen Proppevoll und alle waren voller Vorfreude auf den Freitags-Headliner. Zu Recht. Mit schier unendlicher Energie rannte Jared Leto über die Bühne und den Steg ins Publikum rauf und runter – ließ seinen Poncho in Drehungen wehen und lieferte einfach eine grundsolide Show ab, bei der er sich wohl nicht ungewollt ganz eindeutig in den Mittelpunkt stellte. Ein Künstler, der die Massen begeistern kann. Als Schauspieler wie auch als Sänger – ganz offenbar liebend gerne auch in Kombination.
Zum Abschluss des Tages betrat dann noch Marilyn Manson die Podeste der Crater-Stage. Mit aufwändigem Bühnenbild, welches unter anderem aus Särgen und klassisch aus umgedrehten Kreuzen bestand.
So ging der erste Tag am Ring zu Ende. Eine Mütze voll Schlaf später ging es für uns direkt nach dem Frühstück wieder los.
Unter anderem mit dem britischen Newcomer Yungblud. Das 19 jährige Energiebündel rannte seine Stagetime über fast die ganze Zeit kreuz und quer über die Bühne, so dass bestimmt sogar dem Publikum zwischenzeitlich die Luft weggeblieben sein dürfte. Doch nicht so beim Kopf von Yungblud – Dominic Harrison. Reine Übungssache wie es scheint. Und das Outfit saß auch noch – grell und auffällig.
Stimmgewaltig ging es dann direkt im Anschluss mit Beth Ditto weiter. Die Frontfrau der 2016 aufgelösten Band Gossip ist seitdem auf Solopfaden unterwegs und stand nun als Kontrastprogramm auf der Volcano-Stage. In einem auffälligen roten Glitzerkleid am Körper und sympatisch mit einer Flasche Bier in der Hand betrat sie die Bühne und begrüßte ihre Fans. Nun ging es dann auch gleich los. Stimmgewaltig wie eh und je schmetterte sie ihre Songs heraus. Wirklich beeindruckend wie ein einzelner Mensch so viel Stimme besitzen kann und auch noch so treffsicher performen kann.
Im Anschluss an Beth Ditto wechselten wir die Bühne und gingen zu Shinedown. Ein ganz anderes Subgenre – härtere Töne, aber ähnlich sichere Performance. Der Sänger Brent Smith begrüßte die Fotografen im Graben während des Sets persönlich mit Handschlag – sehr sympatisch. Auch beeindruckend fanden wir die Fähigkeit des Frontmanns mit seinen Gesichtsausdrücken zu spielen – stets passend zur Situation im Song. Das schafft auch nicht jeder und half der Authenzität des Auftritts sehr.
Direkt danach folgte eine weitere Legende der modernen Musiklandschaft: Gangsterrapper Ice-T gab sich die Ehre und spielte zusammen mit seiner Band Body Count auf der Crater-Stage. Der seit Ende der 80er bekannte Mix aus HipHop, Hardrock und Hardcore-Punk hat seitdem fast schon Kultstatus erlangt. Der Auftritt war geprägt von einer Körpersprache die sagte „Wir sind die Größten, legt euch nicht mit uns an!“ – wer kann der kann. Es hätte bestimmt Interpreten gegeben, denen man diese Ausstrahlung weniger abgenommen hätte. Apropos Ausstrahlung: Musikalisch ließen die fünf Musiker überhaupt nichts anbrennen. Ein astreiner Auftritt – Dusche für Fotografen und die erste Reihe inklusive. Aber Trommeln gehört schließlich auch zum Handwerk. Es sei ihnen verziehen, sie konnten es sich ohne weiteres erlauben.
Zurück auf die Volcano-Stage. Wieder ein Stilwechsel: Snow Patrol. Bekannt durch Hits wie Chasing Cars, Run oder Called Out In The Dark zählte die schottisch-nordirische Alternative Rock-Kombo durchaus schon zu den Co-Headlinern am Ring dieses Jahr. Auch wenn es ein wenig ruhiger zuging als zuvor bei den Acts auf der Crater-Stage: Die Briten hatten das Publikum im Griff. Mit einer tollen Lightshow und einer ausgewogenen Setlist spielten sie ihre Zuhörer zufrieden.
Bevor dann auf der Volcano-Stage der Tag mit Headliner Muse zu Ende gehen sollte, stand für uns noch Bullet For My Valentine auf der Crater-Stage auf dem Programm. Wir sollten es nicht bereuen. Dieser Auftritt sollte sich als einer unserer Favoriten beim diesjährigen Rock am Ring entpuppen. Wo zuvor schon Funken auf das Publikum übergesprungen war, stand es nun gefühlt komplett unter Strom. Vielleicht taten auch die imposante Erscheinung der Wand aus Gitarrenverstärkern auf der Bühne sowie das sehr imposante Backdrop ihre Teile dazu bei. Egal. Das hat wirklich Spaß gemacht und legte die Latte sehr hoch für das, was da am letzten Tag noch kommen mag.
Und da ging es auch direkt mit einer hochkarätigen Newcomerin los. Alma übernahm die Crater-Stage. Mit frech-schrill gefärbtem neon-gelbgrünen Haaren als Markenzeichen fiel die Frontfrau und Namensgeberin der Band noch vor den ersten Tönen auf. Die finnische Sängerin spulte ihr Set solide und stimmsicher ab. Als Opener des dritten Tages hat sie das wirklich gut gemeistert. Das Publikum durfte zufrieden sein.
Kaum hatten die Schweden die Crater-Stage verlassen, übernahm quasi nahtlos das amerikanische Quartett Pvris. Pvris existiert in der jetzigen Form seit 2012 unverändert und zeichnet sich durch einen Stil aus, der zwischen Rock und Post-Hardcore einzuordnen ist. Die Frontfrau der Band – Lyndsey Gunnulfsen – entpuppt sich als wahres musikkalisches Multitalent: Gesagt, Gitarre und Tasteninstrumente finden sich absolut sicher in ihrem Repertoire. Es hätte ganz bestimmt eine Menge Bands gegeben, die einen schlechteren Opener für den letzten Tag auf der Hauptbühne dargestellt hätten.
Nach einer kurzen musikalischen Pause auf Grund der Pressekonferenz, auf der Veranstalter Marek Lieberberg auch direkt Die Ärzte als den ersten Headliner für 2019 präsentierte, ging es für uns mit den Punk-Legenden von Bad Religion weiter. Ohne viel Blingbling und Tamtam – das haben die alten Hasen im Geschäft auch nicht nötig. Und genau das bewiesen sie direkt von Beginn an. Ein hochkarätiges Set und Musiker, die einfach Spaß an dem haben, was sie dort machen. Mehr braucht es einfach nicht um einen Topauftritt hinzulegen. Da braucht es weder schreiende Outfits, noch eine aufwändige Lichtshow. Einfach reine Livemusik.
Wir bleiben beim Genre Punkrock auf der Volcano-Stage. Bevor die Foo Fighters die Bühne enterten zogen noch Rise Against ein um dem Publikum in der Rolle des Co-Headliners ordentlich einzuheizen. Bei einem Punkt war sich ein Großteil der Anwesenden einig: So viel Action gab es das ganze Wochenende zuvor weder auf noch vor der Bühne. Gitarrist Zach Blair hat wohl vor dieser Festivalsaison noch einmal eben Nachhilfe bei einem Känguru genommen und Sänger Tim McIllrath ließ es sich nicht nehmen, sich einen Assistenten aus dem Publikum zu holen um die Circle Pits zählen zu können. Nach einer temporeichen und energiegeladenen ersten Hälfte des Sets ging es passend zum Sonnenuntergang akustisch mit „Hero of War“ und „People live here“ weiter, ehe die vier Mann aus Chicago zum Ende noch einmal richtig loslegten. Richtig stark!
Nach einem gut gelaunten Dave Grohl mit den Foo Fighters, den leider gegen Ende des Sets etwas die Stimme verließ, ging es für uns zum Abschluss des Wochenendes noch einmal zu den Österreichern von Bilderbuch rüber auf die Crater-Stage. Eingekerkert hinter Gitterstäben und im Freddy Mercury-Gedächtnisoutfit performten sie ihren schrägen Mix aus Indie-Rock und HipHop – trauten sich aber nur vereinzelt auf die vordere Hälfte der Bühne. Schade.
Das Resümee des Wochenendes? Wen Interessiert schon ein schleppender Vorverkauf oder irgendwelche Schlagzeilen aus der Vergangenheit? Wir leben in 2018 und jeder der nicht bei Rock am Ring dabei war, hat definitiv etwas verpasst! Es ist ein delikater Mix aus der legendären Atmosphäre am Ring, den einzigartigen Besuchern und einem musikalischem Programm der Extraklasse, der Rock am Ring seit jeher einfach ausmacht. Und mit Die Ärzte haben Marek Lieberberg und Co. schon ordentlich für das kommende Jahr vorgelegt. Wir sind uns sicher: Auch 2019 wird wieder genauso legendär wie dieses und die letzten Jahre der Historie!
Tag 1
Walking On Cars
Jimmy Eat World
Jonathan Davis
Hollywood Undead
Tag 2
Yungblud
Beth Ditto
Shinedown
Body Count
Bullet For My Valentine
Snow Patrol
Tag 3
Alma
Pvris
Bad Religion
Rise Against
Bilderbuch
Impressionen Tag 1-3